Sonntag, 6. Mai 2018

Jugendbücher - Dürfen die das?




Wenn Autoren eine Vorbildfunktion haben und Bücher kein FSK: Was dürfen Jugendbücher inhaltlich?



Jugendbücher – dürfen die das?


Ah die Buchwelt. Eine Welt voller Extreme und unterschiedlichen Meinungen. Deshalb gibt es heute mal meinen Senf zum Thema welche Themen und Inhalte Autoren und Autorinnen heutzutage überhaupt noch in Jugendbüchern verwenden dürfen.

Warnung: Massiv subjektive Meinung voraus!

Hungerspiele, schwache Protagonistinnen und Mehrfachehen. Drei Beispiele, die von vielen Lesern kritisch im Zusammenhang mit Jugendbüchern gesehen werden. Darf die Protagonistin eines Jugendbuches introvertiert, naiv und schwach sein? Darf sie dem männlichen Protagonisten hinterherrennen? Darf es in einem Jugendbuch darum gehen vierundzwanzig Jugendliche in eine tödliche Arena zu stecken und sie Gladiatorenkämpfe bis zum Tod austragen zu lassen?

Darf man in Jugendbüchern moralisch fragwürdige Themen verwenden?

Meiner Meinung nach: Ja! Das ist sogar dringend notwendig! Mit anderen Worten: Autor*in muss!

Natürlich könnten Jugendliche auch nur noch Romane lesen, in denen sich ein Haufen Regenbogenfeen gegenseitig mit Glitzer bewerfen bis die gemeine Fee, die nicht mitspielen mag, geläutert wird und am Ende alle glücklich sind.

Natürlich könnten sie Bücher dann auch nur noch als Brennmaterial benutzen, denn dann haben sie keinen Sinn mehr.

Zuerst einmal: Jugendliche sind nicht die Einzigen, die Jugendromane lesen. Genauso wenig ist es das einzige Genre, das von ihnen gelesen wird. Sie lesen Stephen King genauso wie Iny Lorentz, sie lesen Sarah J. Maas genauso wie James Dashner.

Warum?

Weil Jugendliche keinen Wackelpudding zwischen ihren Ohren kühl halten. Soll heißen: Sie wollen geistig gefordert und gefördert werden. Nicht jeder kann jeden Inhalt gut verarbeiten, aber wir alle wissen, was wir gerne lesen und was bei uns zu Panikzuständen führt. Das wissen die Jugendlichen aber auch.

Ehrlich? Ich kann Stephen King bis heute nicht lesen und ich bin einundzwanzig Jahre alt. Meine Schwester (13) liest schon jetzt für ihr Leben gerne Thriller im Stil von "Pretty Little Liars". Das ist persönlicher Geschmack und so kann schlussendlich jeder für sich entscheiden: Lese ich das Buch oder nicht?

Was meint ihr wie sich die stillen Mäuschen fühlen, die eben keine taffe Heldin sind, wenn sie nur von solchen lesen? Identifikation und Vielfalt gescheitert. Denen tut es mal gut zu lesen, wie ein Mädchen wie sie zur Heldin ihrer eigenen Geschichte wird. Mutig ist nämlich vor allem der, der trotz seiner Angst handelt.

Nicht jeder von uns kann ein starker Held sein, aber das heißt nicht, dass man keine eigene Geschichte verdient.

In "Das Juwel" kaufen die reichen Bürger sich praktisch lebende Brutkästen aus irgendwelchen Notwendigkeiten, die in dieser dystopischen Welt eben festgelegt sind (Genau weiß ich es nicht mehr). Wenn ich meiner Schwester dieses Buch vorenthalten wollte, weil es moralisch kritische Themen beinhaltet – immerhin haben Autoren ja eine Vorbildfunktion – wisst ihr was sie zu mir sagen würde? Sie würde ihre Augenbrauen hochziehen und sagen: "Chiara, ich habe ein Gehirn und kann denken. Ich weiß, dass das nur ein Buch ist."

Oh Wunder, wer hätte gedacht, dass jugendlichen Einzellern solch eine Differenzierung zu eigen ist? Sie sind im Grund nur Mikroben im großen Universum des geistigen Verarbeitens und es grenzt schon fast an ein Wunder, dass sie atmen und laufen zugleich können.

Damit möchte ich sagen: Jugendliche – diese ferne Spezies für die von uns, die die Phase der Entpuppung schon hinter sich haben und als wunderschöne moralisch idealistische Schmetterlinge durch die Welt flattern – können ihr Gehirn benutzen. Es befindet sich physisch noch im Umbau, aber gerade in dieser wichtigen Phase sollte man ihnen schwierige Themen doch nicht vorenthalten. Vielmehr fördern Themen in Graustufen ihre Fähigkeit selbstständig über ihre Umwelt zu reflektieren – auch durch Bücher. Gerade unmoralische Thematiken in Romanen geben uns doch die Möglichkeit Gegebenheiten zu hinterfragen, zu überdenken und Schlussfolgerungen zu ziehen.

Übrigens sehen Jugendliche den großen bösen Elefanten im Raum auch nicht immer – weil er manchmal auch einfach wenig Sinn ergibt, wenn man es nicht unbedingt will.
Stephenie Meyer ist also Mormonin, weil ihre Weltuntergangsgruppe von einem Mann mit Gewehr angeführt hat?
Oder sie ist Mormonin, weil sie Mormonin ist, und Jeb ist immer noch der Erste, der dafür sorgt, dass sich nicht alle die Köpfe einschlagen.


Diese Fähigkeit lernen junge Menschen nicht durch Glitzer niesende Feenbanden, in deren Welt das größte Übel ist, dass ihr Glitzer im Schatten nicht so schön funkelt.

Ohne Bücher wie "Panem" oder "Seelen", in denen eben sehr viel nicht so läuft wie es sollte, hätte ich mir als Jugendliche bestimmt über die ein oder andere essentielle Grundthematik keine Gedanken gemacht.

Deshalb: Jugendromane dürfen all das.
Sie dürfen unmoralische Charaktere und Welten haben, sie dürfen auch mal grausam sein, um zu zeigen wie schlimm es sein kann, wenn wir nicht lernen für unsere Prinzipien einzustehen. Sie dürfen schwache Protagonistinnen haben, weil nicht jeder Mensch stark ist und aber trotzdem ein Existenzrecht hat.

Menschen lernen nicht nur aus Idealisierungen, sondern auch aus Missständen und diese in eine gute Geschichte mit einzubauen sollte dem Autor oder der Autorin nicht angelastet werden. Meiner Meinung gehört es sogar zu diesem Beruf dazu.

Außerdem ist es Fiktion. Es sind Geschichten.
Und auch die Realität in der wir leben ist nicht ideal.

Ich bin froh, dass ich die Möglichkeit hatte Bücher zu lesen, die mich auch nachdenklich zurückließen.
Ich bin froh, dass meine kleine Schwester die Möglichkeit hat durch Geschichten zum kritischen Denken angeregt zu werden.
Und ich wäre wirklich froh, wenn "Jugendroman" nicht mit "Kinderbuch" gleichgesetzt werden würde. Denn auch wenn es schwerfällt daran zu glauben: Oft unterschätzen wir, was Jugendliche geistig leisten können.




** Hiermit verbittet sich die Autorin des Artikels ausdrücklich (!!!!), dass unverantwortliche JUGENDLICHE (böses Wort) damit ein Trinkspiel beginnen, in dem sie für jedes Mal, dass das Wort "Jugendliche" verwendet wurde hochwertige Spirituosen konsumieren. – Wenn sie dies doch tun … Kann ich sie davon auch nicht abhalten. Gehirn einschalten! **




Wie sieht es aus, was denkt ihr zu dem Thema? Gehört ihr vielleicht sogar zu diesen Jugendlichen oder lest ihr einfach nur gerne Jugendromane? Schreib es mir gerne per Mail, in die Kommentare oder auf meiner Instagram Seite "chiara.schnee".


Viele liebe Grüße
Eure Chiara 💗

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