Wenn Autoren eine Vorbildfunktion haben und Bücher kein FSK: Was dürfen Jugendbücher inhaltlich?
Jugendbücher – dürfen die das?
Ah die Buchwelt. Eine
Welt voller Extreme und unterschiedlichen Meinungen. Deshalb gibt es heute mal
meinen Senf zum Thema welche Themen und Inhalte Autoren und Autorinnen
heutzutage überhaupt noch in Jugendbüchern verwenden dürfen.
Warnung: Massiv subjektive
Meinung voraus!
Hungerspiele, schwache
Protagonistinnen und Mehrfachehen. Drei Beispiele, die von vielen Lesern kritisch
im Zusammenhang mit Jugendbüchern gesehen werden. Darf die Protagonistin eines
Jugendbuches introvertiert, naiv und schwach sein? Darf sie dem männlichen
Protagonisten hinterherrennen? Darf es in einem Jugendbuch darum gehen vierundzwanzig
Jugendliche in eine tödliche Arena zu stecken und sie Gladiatorenkämpfe bis zum
Tod austragen zu lassen?
Darf man in Jugendbüchern
moralisch fragwürdige Themen verwenden?
Meiner Meinung nach:
Ja! Das ist sogar dringend notwendig! Mit anderen Worten: Autor*in muss!
Natürlich könnten
Jugendliche auch nur noch Romane lesen, in denen sich ein Haufen Regenbogenfeen
gegenseitig mit Glitzer bewerfen bis die gemeine Fee, die nicht mitspielen mag,
geläutert wird und am Ende alle glücklich sind.
Natürlich könnten sie
Bücher dann auch nur noch als Brennmaterial benutzen, denn dann haben sie
keinen Sinn mehr.
Zuerst einmal:
Jugendliche sind nicht die Einzigen, die Jugendromane lesen. Genauso wenig ist es
das einzige Genre, das von ihnen gelesen wird. Sie lesen Stephen King genauso
wie Iny Lorentz, sie lesen Sarah J. Maas genauso wie James Dashner.
Warum?
Weil Jugendliche keinen
Wackelpudding zwischen ihren Ohren kühl halten. Soll heißen: Sie wollen geistig
gefordert und gefördert werden. Nicht jeder kann jeden Inhalt gut verarbeiten,
aber wir alle wissen, was wir gerne lesen und was bei uns zu Panikzuständen führt.
Das wissen die Jugendlichen aber auch.
Ehrlich? Ich kann
Stephen King bis heute nicht lesen und ich bin einundzwanzig Jahre alt. Meine
Schwester (13) liest schon jetzt für ihr Leben gerne Thriller im Stil von "Pretty
Little Liars". Das ist persönlicher Geschmack und so kann schlussendlich
jeder für sich entscheiden: Lese ich das Buch oder nicht?
Was meint ihr wie sich
die stillen Mäuschen fühlen, die eben keine taffe Heldin sind, wenn sie nur von
solchen lesen? Identifikation und Vielfalt gescheitert. Denen tut es mal gut zu
lesen, wie ein Mädchen wie sie zur Heldin ihrer eigenen Geschichte wird. Mutig
ist nämlich vor allem der, der trotz seiner Angst handelt.
Nicht jeder von uns kann
ein starker Held sein, aber das heißt nicht, dass man keine eigene Geschichte
verdient.
In "Das
Juwel" kaufen die reichen Bürger sich praktisch lebende Brutkästen aus irgendwelchen
Notwendigkeiten, die in dieser dystopischen Welt eben festgelegt sind (Genau
weiß ich es nicht mehr). Wenn ich meiner Schwester dieses Buch vorenthalten wollte,
weil es moralisch kritische Themen beinhaltet – immerhin haben Autoren ja eine
Vorbildfunktion – wisst ihr was sie zu mir sagen würde? Sie würde ihre
Augenbrauen hochziehen und sagen: "Chiara, ich habe ein Gehirn und kann
denken. Ich weiß, dass das nur ein Buch ist."
Oh Wunder, wer hätte
gedacht, dass jugendlichen Einzellern solch eine Differenzierung zu eigen ist?
Sie sind im Grund nur Mikroben im großen Universum des geistigen Verarbeitens
und es grenzt schon fast an ein Wunder, dass sie atmen und laufen zugleich
können.
Damit möchte ich sagen:
Jugendliche – diese ferne Spezies für die von uns, die die Phase der Entpuppung
schon hinter sich haben und als wunderschöne moralisch idealistische Schmetterlinge
durch die Welt flattern – können ihr Gehirn benutzen. Es befindet sich physisch
noch im Umbau, aber gerade in dieser wichtigen Phase sollte man ihnen
schwierige Themen doch nicht vorenthalten. Vielmehr fördern Themen in Graustufen
ihre Fähigkeit selbstständig über ihre Umwelt zu reflektieren – auch durch
Bücher. Gerade unmoralische Thematiken in Romanen geben uns doch die Möglichkeit
Gegebenheiten zu hinterfragen, zu überdenken und Schlussfolgerungen zu ziehen.
Übrigens sehen
Jugendliche den großen bösen Elefanten im Raum auch nicht immer – weil er manchmal
auch einfach wenig Sinn ergibt, wenn man es nicht unbedingt will.
Stephenie Meyer ist
also Mormonin, weil ihre Weltuntergangsgruppe von einem Mann mit Gewehr
angeführt hat?
Oder sie ist Mormonin,
weil sie Mormonin ist, und Jeb ist immer noch der Erste, der dafür sorgt, dass
sich nicht alle die Köpfe einschlagen.
Diese Fähigkeit lernen
junge Menschen nicht durch Glitzer niesende Feenbanden, in deren Welt das
größte Übel ist, dass ihr Glitzer im Schatten nicht so schön funkelt.
Ohne Bücher wie
"Panem" oder "Seelen", in denen eben sehr viel nicht so
läuft wie es sollte, hätte ich mir als Jugendliche bestimmt über die ein oder
andere essentielle Grundthematik keine Gedanken gemacht.
Deshalb: Jugendromane
dürfen all das.
Sie dürfen unmoralische
Charaktere und Welten haben, sie dürfen auch mal grausam sein, um zu zeigen wie
schlimm es sein kann, wenn wir nicht lernen für unsere Prinzipien einzustehen.
Sie dürfen schwache Protagonistinnen haben, weil nicht jeder Mensch stark ist
und aber trotzdem ein Existenzrecht hat.
Menschen lernen nicht
nur aus Idealisierungen, sondern auch aus Missständen und diese in eine gute
Geschichte mit einzubauen sollte dem Autor oder der Autorin nicht angelastet
werden. Meiner Meinung gehört es sogar zu diesem Beruf dazu.
Außerdem ist es
Fiktion. Es sind Geschichten.
Und auch die Realität
in der wir leben ist nicht ideal.
Ich bin froh, dass ich
die Möglichkeit hatte Bücher zu lesen, die mich auch nachdenklich zurückließen.
Ich bin froh, dass
meine kleine Schwester die Möglichkeit hat durch Geschichten zum kritischen
Denken angeregt zu werden.
Und ich wäre wirklich
froh, wenn "Jugendroman" nicht mit "Kinderbuch"
gleichgesetzt werden würde. Denn auch wenn es schwerfällt daran zu glauben: Oft
unterschätzen wir, was Jugendliche geistig leisten können.
** Hiermit verbittet
sich die Autorin des Artikels ausdrücklich (!!!!), dass unverantwortliche
JUGENDLICHE (böses Wort) damit ein Trinkspiel beginnen, in dem sie für jedes Mal,
dass das Wort "Jugendliche" verwendet wurde hochwertige Spirituosen
konsumieren. – Wenn sie dies doch tun … Kann ich sie davon auch nicht abhalten.
Gehirn einschalten! **
Wie sieht es aus, was denkt
ihr zu dem Thema? Gehört ihr vielleicht sogar zu diesen Jugendlichen oder lest ihr einfach nur gerne Jugendromane? Schreib es
mir gerne per Mail, in die Kommentare oder auf meiner Instagram Seite
"chiara.schnee".
Viele liebe Grüße
Eure Chiara 💗
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